Eine Diät während der Schwangerschaft?
Während der Schwangerschaft eine Diät machen? Was ist davon zu halten? Manch werdende Mutter kommt auf diese Idee, weil im Internet viele Theorien kursieren und die Medienwelt immer wieder Stars zeigt, die unwahrscheinlich schön und schlank erscheinen. Selbst während der Schwangerschaft präsentieren sie ihren vorteilhaften, basketballgroßen Babybauch, eingerahmt von einer perfekten Figur. Das reizt viele Frauen dazu, diesen Idealen nachzueifern. Über Sinn und Unsinn von Diäten in der Schwangerschaft erfährst du hier mehr.
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Der Druck der Schönheitsideale
In einer Welt, in der das Schlanksein zum zentralen Motiv nicht nur vieler Menschen, sondern auch einer großen Diätindustrie gehört, ist es keine Überraschung, dass viele junge Frauen minutiös jede Kalorie zählen, die sie zu sich nehmen.
Mittlerweile gibt es Gegenbewegungen wie z. B. „Body Positivity“, die gegen unrealistische und diskriminierende Schönheitsideale ankämpfen. Viele Frauen entwickeln auch trotz ihrer Abweichung von diesen Idealen ein gesundes Körperbewusstsein. Dennoch ist der Druck stark, sich den medial und von der eigenen Peergroup vermittelten Idealen zu unterwerfen.
Wenn zu diesem bestehenden Druck auch noch eine Schwangerschaft mit all ihren Veränderungen hinzukommt und Ratschläge von allen möglichen Seiten auf dich einprasseln, braucht es viel Gelassenheit, die eigene Lebenssituation inklusive Körper nicht den allgemeinen Erwartungen anpassen zu wollen.
Aus medizinischer Sicht ist aber klar, dass eine Diät für das ungeborene Kind sehr gefährlich sein kann, denn eine Unterversorgung mit lebenswichtigen Nährstoffen – dazu gehört auch Fett – scheint im Rahmen solcher eingeengten Nahrungsaufnahme unausweichlich.
Ohne Diät durch die Schwangerschaft!
Der Diätenmarkt ist eine gefährliche Arena für Schwangere, denn in der Regel ist eine Diät gleichbedeutend mit Nährstoffmangel. Was es dort nicht alles gibt! Low-Carb-Diät, High-Carb-Diät, Stoffwechsel-Diät, Eiweiß-Diät, Wasser-Diät, Entwässerungsdiät, Paleo-Diät, Military-Diät, Ketogene Diät, Detox …. Jede Reduzierung oder Vereinseitigung der Nahrungsaufnahme während der Schwangerschaft ist gefährlich.
Besonders dramatisch aber wirken sich Low-Carb-Diäten aus, denn wenn du nur wenig Kohlenhydrate zu dir nimmst, erleidest du zwangsläufig eine Unterversorgung mit Folsäure (Vitamin B9) und weiteren Nährstoffen, die in Getreideprodukten zu finden sind. Studien haben ergeben, dass durch eine solche Diät das Risiko von Fehlbildungen wie z. B. eines Neuralrohrdefekts um bis zu 30 Prozent ansteigt.
So ernährst du dich richtig in der Schwangerschaft
Wenn du schwanger bist, übernimmt dein Körper ein echtes Großprojekt, bei dem du ihm so gut wie möglich helfen solltest. Es geht um nichts weniger, als in relativ kurzer Zeit einen vollständigen Menschen zu schaffen – ohne selbst daran Schaden zu nehmen – und dich als werdende Mutter auf die bevorstehende Geburt vorzubereiten. Der Plan für dieses Projekt ist über Millionen von Jahren entstanden, robust und ziemlich erfolgreich.
Was musst du dafür tun? Du musst im Prinzip nur dafür sorgen, dass es dir gut geht, du keinen unnötigen Stress hast und dein Körper mit allem versorgt wird, was er für die Entwicklung eines neuen Menschen braucht – vor allem Energie. Entgegen der weitläufigen Meinung, eine Schwangere müsse „für zwei essen“, erhöht sich der zusätzliche Bedarf an Energie je nach Phase der Schwangerschaft um ca. 200 bis 300 Kilokalorien pro Tag.
Entscheidend ist also nicht die Quantität der Nahrung, sondern ihre Qualität. Es kommt auf die sogenannte Nährstoffdichte an. Deshalb steht für viele Frauen mit Beginn der Schwangerschaft durchaus eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten an. Diese unterscheidet sich aber deutlich von den üblichen Diäten. Mehr zum Thema „Kalorienbedarf in der Schwangerschaft“ erfährst du hier.
Die wichtigsten Bestandteile deiner Ernährung
Kohlenhydrate (englisch „carbohydrates“ oder kurz „carbs“) gehören zu diesen enorm wichtigen Nährstoffen. Ihr Bedarf in der Schwangerschaft ist deutlich erhöht. Du solltest so oft wie möglich nach Vollkornprodukten greifen, denn diese beinhalten komplexe Kohlenhydrate. Bei der Verdauung heben sie den Blutzuckerspiegel nur langsam an und machen länger satt. Einfache Kohlenhydrate hingegen treiben deinen Blutzuckerspiegel schnell in die Höhe. Wenig später hast du dann wieder einen Heißhunger.
Fette bilden nach den Kohlenhydraten den zweitgrößten Teil der richtigen Ernährung. Du solltest pflanzlichen Fetten – wann immer es geht – den Vorzug gegenüber tierischen Fetten geben. Warum? Weil sie einen höheren Anteil ungesättigter Fettsäuren enthalten. Diese sind entscheidend für die Bildung wichtiger Körperbausteine (Hormone, Zellmembrane). Auch Fisch liefert wertvolle Fette. Anderes tierisches Fett (z. B. in rotem Fleisch und Milchprodukten), aber auch Palmöl und Kokosöl (z. B. in Süßwaren, Gebäck und Teigwaren) beinhalten vor allem gesättigte Fettsäuren.
Eiweiße bzw. Proteine sind für die Entwicklung deines Kindes ebenfalls dringend nötig, z. B. für die Herausbildung seiner Körpersubstanz. Eiweiß nimmst du zu dir, wenn du Fisch, Ei, Joghurt, Milch, Quark, Hülsenfrüchte und mageres Fleisch isst. Rotes Fleisch (Schwein, Rind etc.) solltest du aber wegen des hohen Anteils gesättigter Fettsäuren eher selten zu dir nehmen (siehe oben).
Salz, Vitamine und Mineralien – insbesondere Kalzium, Folsäure, Eisen und Jod – sind entscheidend für die normale Entwicklung des Kindes, gewissermaßen das Feintuning des Großprojektes in deinem Bauch. Du solltest jetzt auch keine kochsalzarme Ernährung verfolgen, denn der normale Salzkonsum verringert die Gefahr von Gestosen.
Ballaststoffe sind in Gemüse und Obst enthalten und sorgen u. a. für ein längeres Sättigungsgefühl. Sie regen die Verdauung an und wirken positiv auf deine Darmflora. Durch das Binden von Gallensäure senken sie auch deinen Cholesterinspiegel.
Flüssigkeit ist der Stoff, aus dem Menschen sind. Wir bestehen zu großen Teilen aus Wasser (Erwachsene bis ca. 65 Prozent, Neugeborene über 80 Prozent). Und dein Kind wird von Fruchtwasser im Uterus geschützt. Alle drei Stunden wird das Fruchtwasser über einen komplizierten Austauschmechanismus erneuert. Bis zur 36. Schwangerschaftswoche kann sich die Menge bis zu zwei Litern steigern.
Auch deshalb ist es wichtig, dass du mindestens zwei Liter Flüssigkeit pro Tag zu dir nimmst, wenn du ein Kind erwartest. Vorrangig solltest du zusatzstofffreie Getränke zu dir nehmen (Wasser, verdünnte Säfte, Tees). Alkoholische Getränke solltest du ganz meiden.
Kaffee und schwarzen Tee sowie Cola solltest du nur in begrenzten Maßen konsumieren (max. zwei Tassen pro Tag). Denn das enthaltene Koffein fördert die sogenannte Lipolyse und kann beim Fetus zu Untergewicht führen. Übermäßiger Koffeinkonsum kann zudem auch das Risiko einer spontanen Fehlgeburt erhöhen.
Sonderfall „Louwen-Diät“ – was ist dran?
Streng genommen handelt es sich bei der Louwen-Diät nur um eine Umstellung der Ernährung mit Kohlenhydraten ab der 34. Schwangerschaftswoche und nicht um eine Diät zur Gewichtsabnahme. Diese Methode, benannt nach dem Leiter der Geburtshilfe und Pränatalmedizin der Uniklinik Frankfurt am Main, Professor Louwen, verspricht eine schmerzarme und schnellere Geburt.
Die Idee dahinter ist, solche Lebensmittel im Endspurt der Schwangerschaft zu reduzieren, die durch die enthaltenen Kohlenhydrate (siehe oben) den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen lassen. Diese Lebensmittel haben einen hohen glykämischen Index (GI). Dazu zählen Weißbrot, Pizza, Pasta, Reis, aber auch Kartoffeln. Sie sollen möglichst durch Obst und Gemüse ersetzt werden.
Die biochemischen Prozesse, die hinter dieser Idee stehen, sind kompliziert. Vereinfacht gesagt wird durch die Louwen-Methode dem Hormon Prostaglandin im Körper Vorfahrt für seine Wirksamkeit eingeräumt. Es reguliert Entzündungs- und Schmerzprozesse, weicht aber auch den Muttermund auf und löst die Wehen mit aus. Wenn aber der Insulinspiegel im Blut hoch ist, konkurriert Prostaglandin mit Insulin um bestimmte Rezeptoren im Körper und kann seine Wirksamkeit nicht so gut entfalten.
Auch wenn es bei dieser Methode um eine abwechslungs- und nährstoffreiche Ernährung geht, die temporär bestimmte Lebensmittel ausschließt, solltest du das vorab mit deiner Ärztin bzw. deinem Arzt besprechen. Jede Geburt ist individuell und nicht hundertprozentig kalkulierbar. Schließlich hat dein Körper ja schon einen Plan, der in der Regel ziemlich gut aufgeht.
Fasten in der Schwangerschaft? Bitte einmal aussetzen!
Der Vollständigkeit halber sei auch das abschließend erwähnt: Fasten bzw. Heilfasten solltest du auf keinen Fall, wenn du schwanger bist; davon abgesehen, dass diese Methoden nicht dazu geeignet sind, um dauerhaft abzunehmen.
Der Körper schaltet beim Fasten in ein evolutionär entwickeltes Notprogramm, das einige gesundheitliche Vorteile haben mag, doch eine Schwangerschaft ist der denkbar schlechteste Zeitpunkt, um auf Notbetrieb zu schalten.
Selbst Fortgeschrittene, die aus gesundheitlichen Gründen jährlich einmal fasten, sollten diese Routine für ein Jahr aussetzen, wenn sie ein Kind erwarten. Auch das Fasten aus religiösen Gründen (z. B. während des Ramadan) sollte zugunsten einer ausreichenden Versorgung des Babys mit allen notwendigen Nährstoffen nicht praktiziert werden.