Kalorienbedarf in der Schwangerschaft – wie viel du brauchst und wie du sie berechnest
Viele Frauen machen schon vor einer Schwangerschaft einiges durch, wenn es um ihr Körpergewicht und das Essverhalten (Diäten) geht. Der Einfluss der Medien und des persönlichen Umfelds führt nicht selten zu einer massiven Verunsicherung, wie eine Frau auszusehen und wie viel sie maximal zu wiegen hat. Fakt ist, dass sich das Spektrum zwischen Mager- und Fettsucht – den extremen Essstörungen – immer weiter polarisiert. Eine Schwangerschaft kann für zusätzliche Irritationen bei der Nahrungsaufnahme sorgen. Deshalb geben wir dir hier einen Überblick und Tipps dazu, wie du deinen Kalorienbedarf zu deinem Wohl und dem deines Kindes am besten steuerst.
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Dein Kalorienbedarf in den drei Phasen der Schwangerschaft
Legenden und Halbwahrheiten rund um die Ernährung Schwangerer gibt es zuhauf. Zwischen „Du musst jetzt für zwei essen“ und „Die zusätzlichen Pfunde wirst du nie wieder los“ müssen sich schwangere Frauen so manch mehr oder weniger Gutgemeintes anhören.
Aber die Frage, ob du in deiner Schwangerschaft mehr Kalorien zu dir nehmen musst als zuvor, ergibt sich aus deinen individuell bestehenden Essgewohnheiten und aus der Phase der Schwangerschaft, in der du dich befindest.
Im ersten Trimester (also der 1. bis 12. SSW) besteht bei zuvor normaler Ernährung ohne Diät oder Essstörung kein Bedarf an einer höheren Energiezufuhr. Erst ab dem zweiten Trimester (13. bis 24. SSW) besteht täglich ein Mehrbedarf von ca. 250 Kilokalorien (z. B. eine kleine Käsestulle mit etwas gedünstetem Brokkoli).
Verläuft die weitere Schwangerschaft ohne ernste Komplikationen, die z. B. Bettruhe erfordern, erhöht sich der Energiebedarf im dritten Trimester (25. bis 40. SSW) bei gleichbleibender Aktivität nochmals um 250 Kilokalorien.
1-12 SSW: kein zusätzlicher Kalorienbedarf
13-24 SSW: 250 Kilokalorien zusätzlicher Bedarf
25-40 SSW: 250 Kilokalorien zusätzlicher Bedarf (gesamt + 500 Kilokalorien)
Tipp: Wenn du nach der Geburt stillst, solltest du deinen Kalorienbedarf aus dem letzten Trimester beibehalten.
Das zeigt zwei Dinge ganz deutlich: Du musst dich weder der Völlerei hingeben und jedem Heißhunger nachgeben, noch solltest du auf die verrückte Idee kommen, jetzt eine Diät zu halten, weil du möglicherweise findest, dass du ohnehin schon zu viel wiegst und Angst davor hast, im Laufe der nächsten Monate bis zur Geburt weiter zuzunehmen.
Die Anforderungen an deine Ernährung, wenn du ein Kind erwartest, ändern sich in einer Hinsicht jedoch deutlich. Du solltest dafür sorgen, dass du bei gleicher Nahrungsmenge mehr Nährstoffe zu dir nimmst. Das heißt, die Qualität deiner Mahlzeiten sollte sich idealerweise verbessern.
Was das konkret bedeutet? Ganz einfach: zum Beispiel mehr Vollkorn, weniger Weißbrot; mehr Gemüse, weniger Burger, Döner und Co.; mehr Nüsse, weniger Nachos; mehr Obst, weniger Zucker; mehr Senf, weniger Ketchup; mehr Salat, weniger Fritten; mehr Frisches, weniger Fertigprodukte; mehr Schorle, weniger Cola; mehr Abwechslung, weniger Monotonie.
Klingt anstrengend? Es ist wirklich nur eine Frage der Gewohnheit und bedeutet auch, dass du auf die ungesunden Ernährungssünden nicht vollständig verzichten musst – mehr dazu findest du hier.
So berechnest du deinen Kalorienbedarf
Nach aktuellem Stand der Forschung beträgt die tägliche Minimalzufuhr von Energie in der Schwangerschaft 1.500 bis 1.800 Kilokalorien. Wenn eine Schwangere aufgrund einer Essstörung oder (wie in vielen armen Ländern der Welt) schlechter Versorgungslage dauerhaft weniger Kalorien zu sich nimmt, wird das ungeborene Kind mangelhaft versorgt.
Der optimale Kalorienbedarf liegt deutlich über diesem absoluten Minimum und hängt von mehreren Faktoren wie Körpergröße, Gesundheit, Alter und Aktivität ab. Ein wichtiger Faktor für die Berechnung ist der so genannte Grundumsatz. Das ist die Energiemenge, die dein Körper bei absoluter Ruhe und einer Umgebungstemperatur von 28 Grad Celsius verbraucht, allein um seine grundlegenden Funktionen aufrechtzuhalten.
Dafür wurden in den vergangenen 100 Jahren ein paar ziemlich komplizierte Formeln entwickelt, die sich nicht gerade für den Alltag eignen und letztlich auch nur „Laborwerte“ liefern. Deshalb reicht es zu wissen, dass dein Grundumsatz – also dein Energiebedarf ohne jegliche körperliche Anstrengung bei 28 Grad – ganz grob 25 Kilokalorien pro Kilogramm Körpergewicht am Tag (24 Stunden!) beträgt.
Kalorienbedarf: 25 kcal / kg
Beispiel: Du wiegst 60 kg, dann beträgt dein Energiebedarf 1500 Kilokalorien (60 x 25).
Aber du lebst ja zum Glück nicht im Labor, sondern in der realen Welt und bist dort aktiv und bewegst dich. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat deshalb Richtwerte veröffentlicht, die dabei helfen sollen, deinen tatsächlichen „Gesamtenergieverbrauch“ zu ermitteln.
In der folgenden Tabelle wird die durchschnittliche Energiezufuhr bei Personen im Normbereich dargestellt, d. h. in diesem Fall eine ca. 165 cm große Frau mit einem Gewicht von ca. 60 Kilogramm. Der Richtwert für die gesamte Energiezufuhr pro Tag (= Gesamtenergieverbrauch) wird über die folgende Formel berechnet:
Grundumsatz x Aktivitätslevel = Gesamtenergieverbrauch
Richtwerte für die Energiezufuhr in Kilokalorien pro Tag (kcal/Tag)
Frau zwischen | Aktivitätslevel 1,4 | Aktivitätslevel 1,6 | Aktivitätslevel 1,8 |
19 bis unter 25 Jahren | 1.900 | 2.200 | 2.500 |
25 bis unter 51 Jahren | 1.800 | 2.100 | 2.400 |
51 bis unter 65 Jahren | 1.700 | 2.000 | 2.200 |
65 und älter | 1.700 | 1.900 | 2.100 |
Deine Aktivität im Alltag ist entscheidend
Das Aktivitätslevel, also das Maß für die körperliche Aktivität, wird auch PAL-Wert genannt. PAL steht für „Physical Activity Level“. Der Wert 1,4 passt z. B. zu einer Person, die überwiegend sitzende Tätigkeiten verrichtet und sich auch in der Freizeit kaum bewegt.
Wer ebenfalls hauptsächlich im Sitzen arbeitet, aber zwischendurch auch stehende bzw. gehende Tätigkeiten verrichtet, aber sich in der Freizeit wenig bewegt, wird dem Aktivitätslevel 1,6 zugeordnet.
Wer im Job überwiegend im Stehen oder auch verbunden mit viel Bewegung aktiv ist und dazu noch Freizeitaktivitäten mit Bewegung nachgeht (mind. 30 bis 60 Minuten Sport in der Woche, außerdem regelmäßige Fußwege und Radfahrten), findet sich auf dem Aktivitätslevel 1,8 wieder.
Abweichungen von der „Norm“
Zu den in der Tabelle stehenden Werten müsstest du dann je nach Phase deiner Schwangerschaft noch 250 oder 500 Kilokalorien hinzurechnen. Auch wenn du nach der Geburt dein Kind stillst, solltest du wie im letzten Drittel der Schwangerschaft während der ersten 4 bis 6 Monate die 500 Kilokalorien extra beibehalten.
Diese Werte gelten übrigens für Schwangerschaften mit einem Kind. Für Mehrlingsschwangerschaften können diese Werte in Rücksprache mit deiner Ärztin bzw. deinem Arzt entsprechend höher sein.
Damit wird schon klar, dass nicht jede Frau dem für die Erstellung der Tabelle veranschlagten Normbereich entspricht. Allgemein wird auch bei der DGE mit einer „wünschenswerten Gewichtsentwicklung“ von zusätzlich 12 Kilogramm bis zum Ende der Schwangerschaft bei unverminderter Körperaktivität gerechnet.
Wenn du schon vor der Schwangerschaft untergewichtig warst oder unter Übelkeit und Erbrechen leidest, solltest du verstärkt darauf achten, dass du genügend Kalorien und Nährstoffe aufnimmst. Allgemein gilt für die Gewichtszunahme, dass Frauen, die vor der Schwangerschaft untergewichtig waren, mehr zunehmen sollten als Frauen mit Übergewicht.
Auf keinen Fall aber solltest du jetzt eine Diät verfolgen, selbst wenn du vor der Schwangerschaft mit deinem Gewicht gehadert hast. Auch wenn deine Gewichtszunahme über den standardisierten Werten liegt – es ist viel wichtiger, dass du den Schwerpunkt auf gesunde und ausgewogene Ernährung legst. Im Zweifel wirst du schon durch eine Umstellung deiner Ernährung auf gesündere Zutaten einige Kalorien einsparen, ohne dafür auch nur ein einziges Mal hungern zu müssen.
Mehr zu den Gefahren von Diäten in der Schwangerschaft haben wir hier für dich zusammengefasst.
Kalorien sind nicht gleich Kalorien
Du fragst dich jetzt zu Recht, wie du die Kalorienwerte konkreter Lebensmittel ermitteln kannst. Wie viele Kalorien hat z. B. eine Kartoffel oder ein Apfel? Bei Fertigprodukten kannst du das oft auf der Verpackung nachlesen. Aber bei unverpackten Naturprodukten lässt sich das im Alltag nur schätzungsweise ermitteln.
Wichtig ist zunächst, dass du eine Vorstellung bekommst, wie sich eine gesunde Ernährung in Anteilen von Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen aufteilt. Nicht zu vergessen ist auch, dass du in der Schwangerschaft ausreichend trinken solltest. Zwei Liter ungezuckerte Getränke sollten es täglich mindestens sein, da dein Körper für z. B. Fruchtwasser, Blut und Zellen mehr Flüssigkeit braucht.
Den Hauptanteil mit 50 bis 60 Prozent deiner Nahrung sollten Kohlenhydrate ausmachen. Wann immer es geht, solltest du hier Vollkornprodukte auswählen, also Hafer-, Dinkel- und andere Getreideflocken, Nudeln und Reis. Sie enthalten mehr Nährstoffe und sorgen für eine langanhaltende Sättigung – das ist gut gegen plötzliche Heißhungerattacken. Auch Kartoffeln sind gute Lieferanten für Kohlenhydrate.
30 bis 35 Prozent deiner Nahrung sollten Fettsäuren ausmachen. Gute Fette sind jene, die aus vielen ungesättigten Fettsäuren bestehen. Dass natives Olivenöl gesund ist, weißt du schon. Aber auch Rapsöl, Walnussöl und Leinöl, fette Fischsorten, Oliven als Snack, Avocado als Brotaufstrich oder im Salat und Haselnüsse oder Mandeln im Müsli sind ebenfalls gute Quellen der nützlichen Ölsäure. Auf Frittiertes wie Siedegebäck und Chips sowie Fertiggerichte, vor allem Pizza, solltest du hingegen verzichten.
Proteine (Eiweiße) sollten ca. 15 Prozent deiner Nahrung ausmachen. Du findest sie in Milchprodukten, magerem Fleisch, magerem Fisch sowie Hülsenfrüchten (z. B. Bohnen, Sojabohnen und Erbsen).
Was hat wie viel Kalorien?
Die oben genannten Hauptbestandteile der Nahrung (Kohlenhydrate, Fette und Proteine) beinhalten jeweils unterschiedlich viele Kalorien und die Kalorie ist (wie das Joule) einfach nur eine Maßeinheit für Energie. Deshalb ist die oben genannte prozentuale Aufteilung wichtig. Die DGE hat zur einfachen Orientierung eine Tabelle entworfen, nach der du ganz gut ermitteln kannst, wie viele Kalorien du ungefähr mit den verschiedenen Nahrungsmitteln aufnimmst.
Energiegehalt der energieliefernden Nährstoffe in Kilokalorien (kcal) und Kilojoule (kJ)
1 g Protein | 4 kcal | 17 kJ |
1 g Fett | 9 kcal | 37 kJ |
1 g Kohlenhydrate | 4 kcal | 17 kJ |
1 g Ballaststoffe ø | 2 kcal | 8 kJ |
Ein Apfel wiegt durchschnittlich 160 Gramm und hat ganz grob geschätzt um die 75 Kilokalorien (es hängt ja von der Größe ab, deshalb ist das hier der „Durchschnittsapfel“). Eine Kartoffel wiegt ungefähr 100 Gramm und beinhaltet 70 Kilokalorien.
Eine Portion Vollkornnudeln (gekocht 200 Gramm, das entspricht ungekocht ca. 100 Gramm) bringen dir etwa 250 bis 300 Kilokalorien. Mit leckerem Pesto darüber und vielleicht noch Parmesan hast du um die 500 bis 600 Kilokalorien mit der Mahlzeit aufgenommen und nebenbei die Anteile von Proteinen, Fetten und Kohlenhydraten ganz gut getroffen. Wenn dann noch ein frischer Feldsalat als Beilage dazu kommt, hast du auch noch viele wichtige Nährstoffe (z. B. Folsäure) zu dir genommen.
Während einer Schwangerschaft musst du aber keine Kalorien zählen. Denn wenn du dich vollwertig und abwechslungsreich ernährst, ausreichend trinkst, aktiv bleibst und regelmäßig lieber mehrere kleine als wenige große Mahlzeiten isst, machst du schon alles richtig. Widerstehst du dann noch öfters dem Heißhunger oder naschst gesunde Snacks zwischendurch, freut sich auch dein Körper.
Möchtest du dich aber intensiver mit dem Kaloriengehalt der einzelnen Lebensmittel beschäftigten, findest du im Internet zahlreiche Online-Rechner dafür. Bei der DGE kannst du dir auch eine gedruckte ausführliche Nährwerttabelle bestellen.