Künstliche Befruchtung: Chancen, Methoden und Ablauf
Bis zu einem Jahr kann es dauern, bis Frau auf natürlichem Wege schwanger wird. Befindest du dich noch in diesem Zeitraum, ist alles in Ordnung. Immerhin liegt die Chance schwanger zu werden nur bei 25 Prozent pro Zyklus. Liegt deine "Wartezeit" weit über einem Jahr, lohnt es sich, den Frauenarzt oder die Frauenärztin aufzusuchen. Dank neuer Methoden in der Medizin können hormonelle Störungen oder gar eine Infertilität festgestellt werden. Wir klären heute auf, wie hoch die Chancen einer Schwangerschaft bei einer künstlichen Befruchtung sind, welche Methoden zur Verfügung stehen und wie der Ablauf ist.
Auch wenn du nach einer "Wartezeit" von mehr als einem Jahr noch nicht schwanger wurdest, heißt das nicht direkt, dass eine Schwangerschaft ausgeschlossen ist. Die Möglichkeiten der künstlichen Befruchtung sind heute vielfältig und konnten schon den einen oder anderen langersehnten Kinderwunsch erfüllen.
Zuvor solltest du mit deinem Frauenarzt oder deiner Frauenärztin sprechen und dich ausgiebig untersuchen lassen. Je nach Situation wirst du dann in eine sogenannte „Kinderwunschklinik“ überwiesen.
Künstliche Befruchtung: Chancen, Methoden und Ablauf
Der Weg einer künstlichen Befruchtung ist mit teils hohen Kosten verbunden. Deswegen ist es auch für euch wichtig zu wissen, was die Krankenkasse zahlt und was vorausgesetzt wird.
Die Untersuchungen, um die Ursachen der Fruchtbarkeitsstörung zu finden, zahlen gesetzliche und private Krankenversicherungen vollständig. Die Kosten der Kinderwunschbehandlungen werden dann meist zur Hälfte übernommen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Das Paar ist heterosexuell und verheiratet.
- Die Frau ist älter als 25 Jahre und jünger als 40 Jahre.
- Der Mann ist älter als 25 Jahre und jünger als 50 Jahre.
- Die Unfruchtbarkeit des Paares muss ärztlich festgestellt worden sein, die Behandlung mit Samen und Eizelle des Paares Aussicht auf Erfolg haben.
Seid ihr bislang unverheiratet, erhaltet ihr keinen Zuschuss von der Krankenkasse. Die Kosten könnt ihr aber als außerordentliche Belastung steuerlich geltend machen.
Gespräch in der Kinderwunschklinik
Nachdem ihr einen Termin in der Kinderwunschklinik vereinbart habt, geht es zum Erstgespräch. Ihr lernt euren behandelnden Frauenarzt bzw. eure Frauenärztin kennen und müsst Fragen zu eurer Familiengeschichte und Gesundheit beantworten. Außerdem wird euch beiden Blut abgenommen.
Wie es dann weitergeht, werdet ihr im Laufe des Gesprächs erfahren. Meistens muss der Mann eine Spermaprobe abgeben und bei der Frau wird ein Zyklus-Monitoring durchgeführt. Die nächsten Schritte werden dann individuell entschieden. Denn nicht jeder Körper und jede Ausgangslage ist gleich: Während bei dem einen Paar eine Hormonbehandlung bei der Frau vielversprechend ist, brauchen andere Paare die Unterstützung durch eine künstliche Befruchtung.
Video: Künstliche Befruchtung
Intrauterine Insemination (IUI; Samenübertragung)
Weisen die männlichen Spermien eine mangelhafte Qualität auf und liegt bei der Frau z. B. eine Erkrankung oder Störung im Bereich des Gebärmutterhalses vor, ist die intrauterine Insemination (IUI) der erste Weg einer künstlichen Befruchtung.
Hierfür gibt der Mann Sperma ab, nachdem er meist fünf bis sieben Tage enthaltsam war. Das Sperma wird dann im Labor aufbereitet und zentrifugiert. So lassen sich die Samenzellen von der Samenflüssigkeit trennen. Außerdem werden möglichst viele befruchtungsfähige Samenzellen herausgefiltert. Das Sperma wird der Frau dann direkt über eine Spritze oder einen weichen Katheter in die Gebärmutter, den Gebärmutterhals oder den Eileiter gespritzt. Die Samenzellen haben somit einen kürzeren Weg zur Eizelle.
Eine örtliche Betäubung benötigst du dafür übrigens nicht. Die intrauterine Insemination erfolgt auf dem gynäkologischen Behandlungsstuhl und dauert für gewöhnlich nur ein paar Minuten. Schmerzen verursacht diese Methode nicht, viele Frauen spüren lediglich ein leichtes Ziepen. Anschließend bleibst du noch ein paar Minuten sitzen und schon hast du den Eingriff hinter dir.
In-Vitro-Fertilisation (IVF)
Bei der In-Vitro-Fertilisation (IVF) findet die künstliche Befruchtung im Reagenzglas statt. Der Vorgang bedarf also eines etwas größeren Aufwands. Der Frau werden befruchtungsfähige Eizellen entnommen und in einer Nährlösung mit den Samenzellen befruchtet.
Damit die Frau ausreichend viele befruchtungsfähige Eizellen produziert, wird zuvor meist eine Hormonbehandlung bei ihr durchgeführt. Dadurch werden die Eierstöcke angeregt und produzieren mehr Eizellen als normalerweise.
Für die Eizellentnahme muss die Frau in eine Kurznarkose versetzt werden. Die sogenannte „Follikel-Punktion“ erfolgt dann meist durch die Scheide. Mit einer Vaginalsonde erkennen Ärzte und Ärztinnen die Follikel und entnehmen diese mit einer feinen Nadel. Nach diesem Eingriff kann es zu leichten Unterleibsschmerzen kommen.
Nach der Follikel-Punktion werden die Eizellen künstlich mit Sperma befruchtet. Und nach weiteren zwei bis sechs Tagen werden der Frau maximal drei befruchtete Eizellen per Katheter eingesetzt. Die Menge der befruchteten Eizellen, die eingepflanzt werden dürfen, ist gesetzlich geregelt.
Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI)
Für die intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) wird prinzipiell nur eine einzelne Samenzelle des Mannes benötigt und ist somit eine Methode der künstlichen Befruchtung für Paare, bei denen die Fruchtbarkeit des Mannes stark beeinträchtigt ist.
Ähnlich wie bei der IVF muss sich die Frau einer hormonellen Stimulation unterziehen, um möglichst viele Eizellen heranreifen zu lassen. Anschließend werden diese der Frau per Kurznarkose entnommen.
Daraufhin wird je eine einzelne männliche Samenzelle mittels einer sehr feinen Nadel direkt in je eine Eizelle gespritzt. Die behandelten Eizellen werden nun zwei bis sechs Tage im Brutkasten aufbewahrt. Hat eine Befruchtung stattgefunden, werden die befruchteten Eizellen der Frau wieder per Katheter eingesetzt.
Hormonbehandlung der Frau
Damit ausreichend viele befruchtungsfähige Eizellen für die künstliche Befruchtung heranreifen, muss sich die Frau zuvor einer Hormonbehandlung unterziehen. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten, die wir dir kurz aufzeigen möchten.
Kurzes Protokoll
Dieses Verfahren ist das Standardverfahren.
Dein Zyklus beginnt mit Einsetzen der Monatsblutung. Ab dem zweiten oder dritten Tag spritzt du dir das für die künstliche Befruchtung notwendige stimulierende Hormon. Das machst du täglich zuhause selbst. Dabei wird die Spritze unter die Haut der Bauchdecke gesetzt. Schaffst du es nicht alleine, lass dir von deinem Partner helfen. Ein weiteres Hormon unterdrückt währenddessen den vorzeitigen Eisprung. Auch dieses muss gespritzt werden.
Per Ultraschall wird die Entwicklung alle zwei bis drei Tage kontrolliert. Anschließend können Punktion sowie Transfer stattfinden.
Langes Protokoll
Das lange Protokoll wird immer seltener eingesetzt.
Dabei wird der natürliche Eisprung vor der eigentlichen Stimulation unterdrückt. Bis zu zwei Wochen zuvor muss zuerst die sogenannte Hirnanhangdrüse blockiert werden. Danach erst beginnt die eigentliche Stimulation durch Hormone.
Zusatzleistungen bei künstlichen Befruchtungen
Je nach individueller Situation kann der Facharzt oder die Fachärztin Zusatzleistungen vorschlagen, um den Erfolg der künstlichen Befruchtung zu steigern. Diese Zusatzleistungen werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen. Außerdem bietet nicht jede Kinderwunschklinik die gleichen Zusatzleistungen an. Bei Interesse sprichst du am besten mit deinem behandelnden Arzt oder deiner Ärztin.
Kryokonservierung: Einfrieren von Eizellen
Sind nach der Follikelpunktion mehrere befruchtungsfähige Eizellen vorhanden als für die vorgesehene Behandlung benötigt werden, können diese eingefroren (kryokonserviert) werden.
Bei der Kryokonservierung kühlt Stickstoff die Zellen auf bis zu -196°C herunter. Der Stoffwechselvorgang der Zellen wird „heruntergefahren“ und somit eingestellt. Werden befruchtungsfähige Eizellen für eine weitere Behandlung gebraucht, können die Zellen aufgetaut werden. Nach dem Auftauprozess kehren die Vitalfunktionen der Eizellen wieder zurück.
Der Vorteil: Die Frau muss für eine weitere Behandlung vorerst keine Punktion mehr vornehmen lassen. Auch eine hormonelle Stimulation kann damit umgangen werden.
Die Kryokonservierung ist eine Privatleistung.
Physiologische ICSI (PICSI): Herausfiltern reifer Spermien
Bei der ICSI wird ein einzelnes Spermium in eine Eizelle der Frau injiziert, welches den Normwerten entspricht. Nicht immer sind diese ausgewählten Spermien aber auch reif. Die Hülle der weiblichen Eizellen enthält Hyaluronsäure. Gesunde und reife Samenzellen können in der Regel an diese Substanz binden und die Eizelle befruchten.
Die physiologische ICSI (PICSI) ist ein noch eher unbekanntes Verfahren, bei dem die Samenzellen in ein mit Hyaluronsäure beschichtetes Laborgefäß gegeben werden. Spermien, die an die Hyaluronsäure binden und somit als reif bzw. gesund erachtet werden, werden für die künstliche Befruchtung der Eizellen eingesetzt.
Die PICSI ist eine Privatleistung.
Assisted Hatching: Schlüpfhilfe für den Embryo
Bis kurz vor der Einnistung in die Gebärmutter befindet sich der frühe Embryo in einer schützenden Hülle (Eihaut). Diese recht feste und dicke Umhüllung kann das Schlüpfen und somit die Einnistung der befruchteten Eizelle erschweren bzw. auch unmöglich machen.
Mit Hilfe moderner Lasertechnik, dem Assisted Hatching, kann diese zu dicke Umhüllung unter dem Mikroskop eröffnet werden und gibt dem Embryo somit die Möglichkeit zu schlüpfen.
Das Assisted Hatching ist eine Privatleistung.