Kinderwunsch, Schwangerschaft und Stillzeit: Schilddrüsenerkrankungen bei Kinderwunsch
Oftmals sind sich Frauen mit Kinderwunsch und werdende Mütter unsicher, ob sie trotz Schilddrüsenerkrankungen wie eine Schilddrüsenunterfunktion oder Hashimoto Nahrungsergänzungsmittel mit Jod zu sich nehmen dürfen oder nicht. Ein Thema, das Aufklärung verdient. Welche Funktion hat Jod im Körper und wie wichtig ist eine ausreichende Jodversorgung in dieser besonderen Zeit?
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Die Schilddrüse bei Kinderwunsch: Sie hat Einfluss auf den Organismus
Du hast es sicherlich auch schon gelesen: Frauen, die einen Kinderwunsch haben, sind oftmals verunsichert, ob sich der unerfüllte Kinderwunsch wegen einer unbekannten Störung der Schilddrüse hinzieht. Wie das kommt? Die Schilddrüse, das Schmetterlingsorgan, steuert und beeinflusst viele Funktionen und physiologische Abläufe im ganzen Organismus. Professor Dr. Roland Gärtner, Vorsitzender des Arbeitskreises Jodmangel e.V. hat dazu eine klare Botschaft. „Jeder sollte etwas für die Gesundheit seiner Schilddrüse tun. Wichtig sind beispielsweise ein gesunder Lebensstil und eine ausgewogene jodreiche Ernährung, zu der unter anderem Fisch, Milchprodukte und Jodsalz gehören.“
Auch wenn du während des Kinderwunsches an einer Schilddrüsenerkrankung leidest, solltest du – mit einigen Ausnahmen – nicht vollständig auf Jod verzichten, denn gerade bei Kinderwunsch sowie in der Schwangerschaft und Stillzeit ist eine ausreichende Versorgung mit Jod umso wichtiger!
Die Funktion von Jod im Körper
Was genau macht Jod eigentlich im Körper? Jod ist ein wesentlicher Bestandteil der Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) und steuert unterschiedliche physiologische Abläufe im Körper, wie z.B. den Energiestoffwechsel, das Wachstum und die Gehirnentwicklung sowie die Fruchtbarkeit und Fortpflanzung. Hat dein Körper zu wenig Jod zur Verfügung, kann sich das Schwangerwerden schwierig gestalten.Und während der Schwangerschaft hast du einen erhöhten Jod-Bedarf, da du ja unter anderem in den ersten Wochen die Schilddrüsenhormone für dein Kind mitproduzierst. Du merkst also: Jod ist gerade in der Kinderwunschzeit und Schwangerschaft sehr wichtig.
Empfehlungen zur Jodaufnahme
Obwohl der tägliche Jodbedarf bei gesunden Erwachsenen bei 100 µg täglich liegt, empfehlen Fachgesellschaften, wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), 200 µg Jod am Tag. Diese Empfehlung berücksichtigt dabei die teilweise unzureichende Jod-Versorgung in Deutschland sowie verschiedene Sicherheitszuschläge. Gesunden Schwangeren wird der DGE zufolge eine tägliche Einnahme von insgesamt 230 µg Jod empfohlen, Stillenden sogar eine von 260 µg.
Wissenslücke Folsäure und Jodbedarf ab dem Kinderwunsch: Aktuelle Studie zeigt Informationsbedarf!
Das Thema Folsäure und Jod ist aktueller denn je. Wie wir der aktuellen Presseinformation1 der Arbeitskreise Folsäure & Gesundheit und Jodmangel e.V. entnehmen können, zeigt nun eine aktuelle Studie (SuSe II)2 zur Erhebung von Daten zum Stillen und zur Säuglingsernährung in Deutschland, dass nur die Hälfte der Schwangeren Folsäure und Jod gemäß den Empfehlungen einnehmen. Häufig greifen diese erst zu spät oder gar nicht zu den empfohlenen Nahrungsergänzungsmitteln.
Folsäure und Jod: Bereits ab dem Kinderwunsch wichtig!
Gynäkologe und Beiratsmitglied der Arbeitskreise „Folsäure & Gesundheit“ sowie „Jodmangel e.V.“ Dr. Klaus Doubek macht dazu eine klare Aussage:
„Der Bedarf an den meisten Vitaminen und Mineralstoffen nimmt erst ab dem vierten Schwangerschaftsmonat zu und lässt sich durch eine ausgewogene Lebensmittelauswahl gewährleisten. Aber Folsäure und Jod bilden eine Ausnahme. Ihr Bedarf ist quasi ab der Empfängnis erhöht und sollte neben der Ernährung über die zusätzliche Einnahme von entsprechenden Nahrungsergänzungsmitteln gedeckt werden.“
Laut der Studie1 nahmen zwar 81,7% der 966 befragten Frauen in der Schwangerschaft ein Folsäurepräparat ein, 45,4% davon jedoch nicht vor Beginn der Schwangerschaft. Das zeigt deutlich, wie wichtig die Aufklärung rund um Folsäure und Jod ist.
Jodzufuhr bei Kinderwunsch: Schilddrüsenüberfunktion und Hashimoto
Leidest du an einer Schilddrüsenüber- oder Unterfunktion, produziert das Organ zu viel oder zu wenig Schilddrüsenhormone.
Bei Schilddrüsenüberfunktionen, die oftmals bedingt sind durch einen Morbus Basedow (Autoimmunerkrankung) oder heiße Knoten, meist durch einen jahrzehntelangen Jodmangel ausgelöst, ist eine Jodzufuhr in Höhe von 200 µg täglich unbedenklich.
Jod kannst du am besten über Lebensmittel wie Meeresfrüchte, Seefisch, Milch, Milchprodukte und Jodsalz selbst aufnehmen. Auf Sushi, algenhaltige Speisen und Nahrungsergänzungsmittel mit Jod solltest du aber verzichten. Die Aufnahme von über 300 µg Jod ist dann nicht empfehlenswert!
Dies gilt übrigens auch für Schilddrüsenunterfunktionen, deren häufigste Ursache eine Autoimmunthyreoiditis (Hashimoto-Thyreoiditis) ist oder die nach einer Operation der Schilddrüse auftreten kann.
Leidest du an einer Schilddrüsenvergrößerung und die Ursache ist Jodmangel, steht dem Verzehr von jodhaltigen Nahrungsmitteln sowie Jodsalz nichts im Wege. In diesem Fall solltest du dann auf eine jodreiche Ernährung setzen. Auch Jodtabletten können eingenommen werden – sie sind gerade in jungen Jahren wichtig, denn dein Jodspiegel im Körper sollte aufgebaut werden.
Jod in Schwangerschaft und Stillzeit
Damit Frauen während der Schwangerschaft und Stillzeit ausreichend mit Jod versorgt sind, empfehlen die unterschiedlichen Fachgesellschaften zusätzlich zur Aufnahme jodhaltiger Nahrungsmittel eine Jodsupplementierung von 100-150 µg täglich.
Leidest du unter einer Hashimoto-Thyreoiditis (Schilddrüsenunterfunktion), musst du auf eine ausreichende Jodzufuhr in deiner Schwangerschaft achten. Die Schilddrüsenerkrankung wird dadurch nicht verstärkt. Trotz Hashimoto-Thyreoiditis solltest du ab der 12. Schwangerschaftswoche Jodtabletten zur optimalen Versorgung einnehmen.
Bei einer akuten, ausgeprägten Schilddrüsenüberfunktion solltest du keine Jodsupplemente einnehmen. Halte zuvor Rücksprache mit deinem Arzt/deiner Ärztin, denn die Schilddrüsenhormonproduktion könnte dann durch die Gabe von Jod zusätzlich gefördert werden, was kontraproduktiv wäre.
- Die Arbeitskreise Folsäure & Gesundheit (AKJ) und Jodmangel e.V. (AKJ) wurden in den Jahren 2002 bzw. 1984 gegründet. Beide Arbeitskreise setzen sich aus einem interdisziplinären wissenschaftlichen Beirat zusammen. Mehr Informationen zu deren Aufgaben und Ziele findest du unter www.ak-folsaeure.de und jodmangel.de; Pressemitteilung: jodmangel.de/2020/nur-die-haelfte-der-schwangeren-nimmt-folsaeure-und-jod-gemaess-den-empfehlungen/
- Kersting M., Hochkamp N., Burak C. et al. (2020) Studie zur Erhebung von Daten zum Stillen und zur Säuglingsernährung in Deutschland – SuSe II. IN: Deutsche Gesellschaft für Ernährung (Hrsg.): 14. DGE-Ernährungsbericht. Vorveröffentlichung Kapitel 3, Bonn V1 – V34; www.klinikum-bochum.de/files/klinikum-bochum/dokumente/fachbereiche/kinder-und-jugendmedizin/Sonstiges/SuSe%20II%20Studie%20Vorveroeffentlichung%2014.%20Ernaehrungsbericht%20DGE-Kapitel3.pdf